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Entspannt Trauern

Verluste äußern sich über Körper & Geist

 

Im täglichen Leben sind wir immer wieder mal mit besonders herausfordernden Situationen konfrontiert. Je nach dem in welchem Bereich man arbeitet, gibt es bestimmte Stoßzeiten oder eine Hochsaison. Danach wird es in der Regel wieder ruhiger. Steht ein bestimmtes Ereignis an, werden auch die Belastungen im Alltag mehr. Doch nach dem Geburtstag, der Hochzeit oder dem Event ist auch das wieder ok. Das Gleichgewicht unserer Ressourcen und der Stressoren ist dabei mal mehr, mal weniger ausgeglichen. Je höher jedoch das Belastungsniveau steigt, desto mehr Ressourcen müssen wir aktivieren. Dieses Gleichgewicht zu halten ist ja schon in unserem normalen Alltagsstress eine enorme Herausforderung. Was passiert also, wenn wir in unserer eingespielten Stressroutine auch noch einen geliebten Menschen verlieren?

 

 

Die Schocknachricht als Auslöser für eine Überlebensstrategie

 

Eine Todesnachricht versetzt Angehörige oftmals in einen Schock. Ein Ohnmachtsgefühl. Im ersten Moment eine Überlebensstrategie unseres Körpers. Blut schießt aus Armen und Beinen in überlebenswichtige Organe, die Ausdauer um wichtige Dinge zu erledigen steigt an, eigene Bedürfnisse wie Hunger, Verdauung und Libido werden runtergefahren und vor allem sind geschockte Menschen schmerzunempfindlicher. Alles das, verursacht durch die körpereigenen Stresshormone Cortisol und Adrenalin. Das dies auf Dauer ungesund ist, brauche ich niemandem zu erklären. In normalen Stresssituationen fällt das Belastungsniveau nach dem überstehen der Situation wieder ab und somit kann auch der Körper sich regenerieren. Doch jeder, der bereits einen eigenen Sterbefall in der Familie hatte, kann bestätigen, dass die Belastungen in den darauffolgenden Wochen, teilweise Monaten, nicht weniger werden. Die Planung der Beisetzung mit allen emotional aufwühlenden Entscheidungen. Etliche behördliche Wege, Abmeldungen und Beantragungen. Eine Schleife aus Fragen und die quälende Angst, nicht die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben. Mal ganz abgesehen davon, dass man von heute auf morgen einem leeren Platz am Tisch gegenübersitzt. Wie kann man den Herausforderungen standhalten, wenn man sich bereits im eigenen Alltag in Stress verliert?

 

 

Trauer - keine Krankheit, aber körperliche Symptome

 

Was verursacht diese Situation auf Dauer in unserem Körper? Durch die permanente Anspannung natürlich Muskelverspannungen, Rücken- und Gliederschmerzen, Kopfschmerzen. Immer wieder haben mir Angehörige von Zahnschmerzen berichtet. Unser Herz-Kreislaufsystem sowie das Immunsystem wird geschwächt, dadurch sind wir auch anfälliger für Virusinfektionen. Schlafstörungen und Verdauungsstörungen sind dann dementsprechend eine gipfelnde Nebenerscheinung der ganzen Misere. Ja, Trauer ist keine Krankheit. Die körperlichen Nebenerscheinungen aber, können den gesunden Trauerprozess schwerer machen, als er so schon ist.

 

 

Anspannung lösen um einen gesunden Weg mit der Trauer zu finden

 

Im Umkehrschluss ist es dementsprechend natürlich sinnvoll, diese Überspannungen zu lösen. Sowohl wissenschaftlich anerkannt, als auch durch die Krankenkassen gefördert, sind entsprechende Entspannungsverfahren. Beispielhaft möchte ich dabei einmal kurz auf die Progressive Muskelrelaxation eingehen. Das Ziel bei diesem Entspannungsverfahren nach Edmund Jacobson ist, durch die willentliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen, einen Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers zu erreichen. Zur genaueren Verdeutlichung würde ich dich gern dazu einladen, einmal deine Hand zu einer Faust zu schließen und sie mit einer dir angenehmen Kraft zu drücken. Halte diese Anspannung nun für einen Moment und löse sie dann abrupt wieder. Du wirst eventuell merken, dass deine Hand nun gelockerter ist als vorher. In jedem Fall sollte es einen Unterschied zwischen dem angespannten und dem entspannten Zustand geben. Dieser Effekt wird gezielt bei der PMR genutzt. Angewandt in dem Prozess der Trauerarbeit kann dies natürlich auch metaphorisch für das Bild des Lösens genutzt werden. Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass ich an dieser Stelle bewusst nicht das Bild des „Loslassens“ vermittle, sondern des Lösens, denn Loslassen ist wie das ultimative Verlieren. Trauerarbeit sollte darauf ausgerichtet sein, für den Verstorbenen einen neuen Platz zu finden und nicht ihn Loszulassen. Somit kann dieses lösen der Verspannung dazu dienen, den Weg frei zu machen, für die Suche des neuen Platzes.

 

 

Die Kombi machts

 

Dabei muss ich natürlich immer erwähnen, dass Entspannungsverfahren rein zur symptomatischen Behandlung eingesetzt werden sollten, denn die Ursache ist damit alleine natürlich nicht behoben. Um den Prozess einer Verlustbewältigung für sich nachhaltig zu gestalten, bedarf es manchmal professionelle Unterstützung. Der gesunde Weg mit der Trauer, wenn der eigene Alltag nur noch schwer zu ertragen ist, steht dabei im Fokus. Dementsprechend kann ich das Erlernen eines Entspannungsverfahrens neben einer einfühlsamen Trauerbegleitung nur empfehlen.

 

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